Letzte Sitzung des Ortsrates Fallersleben Sülfeld 2024

Mittwoch, 27.11.2024, 18.30 Uhr. Sülfeld. Feuerwehrhaus. Versammlungsraum.

Letzte Sitzung des Ortsrates Fallersleben-Sülfeld vor der Weihnachtspause. Fast alle sind gekommen an diesem verregneten Novemberabend. Weihnachten steht vor der Tür. Auf den Tischen neben den Namensschildern der Volksvertreter stehen kleine Geschenke, die man untereinander ausgetauscht hat. An der Decke summt der Beamer und wirft den Sitzungstitel an die Wand, während der Ortsbürgermeister konzentriert an seinem Laptop werkelt. Die Tagesordnung muss umgestellt werden, weil ein Teilnehmer, der später vor dem Ortsrat berichten soll, seine Termine umwerfen musste.

Nach und nach füllt sich auch der Besucherbereich des Raumes. Ungewöhnlich viele Menschen sind diesmal zur Ortsratssitzung gekommen. Entweder es stehen brisante Themen auf der Tagesordnung oder es gibt ganz spezielle Anlässe für die Einwohnerfragestunde zu Beginn jeder Sitzung. Ein Blick auf die Tagesordnung legt erstere Vermutung nahe. Windkraftanlage in Sülfeld, Haushalt Stadt Wolfsburg. Wichtige Themen.

Einwohnerfragestunde, nachdem die geänderte Tagesordnung durch die Versammlung genehmigt wurde. Erstes Thema natürlich Windkraftanlage? Nein. Verkehrssituation Papenstieg. Die Hauptdurchfahrtsstraße macht Probleme. Also nicht die Straße selbst, sondern das Verhalten der sie benutzenden Kraftfahrenden. Da wird zu eng vor und und hinter Ausfahrten geparkt, sodass kein Einblick mehr auf den fließenden Verkehr gewährleistet ist, wenn man auf den Papenstieg einbiegen will. Oder – ganz genial – es wird direkt vor Ausfahrten geparkt. Was schon ein sehr seltsames Gebahren, wenn nicht sogar einfach nur Dummdreistigkeit vermuten lässt. Landwirtschaftliche Fahrzeuge und Busse können durch parkenden Fahrzeuge nicht korrekt Abbiegen. Es kam bereits zu Unfällen. Alles in Allem, also ein wichtiges Thema. Lösung? Schwierig. Da in einer Einwohnerfragestunde i.d.R., wie der Name schon sagt, nur Fragen gestellt werden können, wird eine direkte Antwort meist nicht gegeben. Man werde die Anliegen an die entsprechende Stelle weiterleiten, verspricht der Ortsbürgermeister mit der Zustimmung der Ortsratsmitglieder.

Zum Thema Windkraft gibt es dann doch Fragen. Alle Fragesteller werden jedoch vom Ortsbürgermeister mit dem Hinweis unterbrochen, dass man im Anschluss an die Fragestunde einen Sachstandsbericht der Stadtverwaltung zu eben diesem Thema zu erwarten habe. Vielleicht könnten sich durch diesen bereits Fragen erübrigen. Man werde aber nach dem Bericht die Ortsratssitzung offiziell unterbrechen und die Einwohnerfragestunde noch einmal eröffnen. Das Verfahren und die Ordnung sollen eingehalten werden.

Und so kommt es dann auch. Bisher ist die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Braunschweig lediglich dabei, mögliche Flächen für Windkraftanlagen zu sichten und zu prüfen. Von Bauantragsverfahren oder gar Aufstellungen von Windrädern ist im Moment überhaupt noch keine Rede. Es braucht seine Zeit. Dennoch werden aus Bürger- und auch aus Ratsrund Stimmen laut, die ihre Bedenken anmelden. Da ist dann von Bauhöhen die Rede. Von Befeuerung. Von Schattenwurf. Von eingeschränkter Nutzung der Aufstellflächen. Schließlich wird klar: es gibt noch Vieles zu bedenken. Was bleibt? Erst einmal abwarten und weiter informell am Ball bleiben. Die Stadtverwaltung wird sich dem nicht sperren und es sind bereits Informationsveranstaltungen für die Ortsräte noch im Dezember geplant.

Fest steht nur, dass durch die Beschlüsse des Bundes 2,5% der niedersächsischen Landfläche für die Erzeugung von Windkraft zu verwenden sind. 3,18% bis Ende 2027. Dies bedeutet für die Stadt Wolfsburg, 1,6% der Stadtfläche für Windkraft bereitzustellen. Stolze 326 ha. Keine leichte Aufgabe.

Kommen wir zu den nächsten Themen. Barrierearmer Ausbau des Schlosshofes Fallersleben und dann der Doppelhaushalt 2025/2026 der Stadt Wolfsburg. Wichtig. Denn alles bisher in der Versammlung angesprochene wird Geld kosten. Es wird also spannend.

Doch halt. Was ist das? Mit einem Mal kommt Bewegung in den Kreis der Besucher. Stühlerücken, Jackenschnappen. Wo ist der Regenschirm? Wo ist das Handy? Unruhe. Man bricht auf. Der Saal leert sich rapide.

Der Herold stutzt.

Interessieren sich die Sülfelder Besucher nicht für den Schlosshof in Fallersleben? Ist Geld unwichtig? Es ist ja schließlich ein Faktor, ob das Geplante überhaupt finanziert werden kann. Hauptsache die eigenen Forderungen werden umgesetzt? Woher das Geld kommt, ist mir Wurscht? – Die Annahme solcher Einstellungen liegen angesichts der Raumflucht tatsächlich nahe. Schade.

Schlosshof ist ein rel. kurzes Thema. Es gibt Bestrebungen, das Pflaster dort zu „begradigen“, „barriereärmer“ zu machen, um Rollstühlen und Rollatoren die Nutzung zu erleichtern. Die Tiefbauer der Stadt Wolfsburg haben sich Gedanken gemacht. Barrierefreiheit kann man sich getrost abschminken. Das ist auf dem historischen Gelände allein schon auf Grund der Zugänge nicht machbar. Aber Barrierarmut wäre möglich. Abschleifen der runden Pflastersteine wäre das Eine. Doch wie wird das hinterher aussehen? Werden die Steine dann noch liegen bleiben oder lösen sie sich durch die breiten Fugen gänzlich und fallen raus? Anschließend Vergießen ginge auch noch. Aber schön scheint das nicht zu sein. Man wolle es auf jeden Fall in einem kleinen Bereich vor der Brücke mal ausprobieren.

Weitere Möglichkeit: Jetziges Pflaster raus. Betonsteine rein. Sehen auch schön aus. Ist kostengünstig. Beispielfotos anderen historischer Flächen belegen dies. Oder eben Natursteine nehmen. Aber: das wird teuer. Was wird der Denkmalschutz dazu sagen? Alles nicht einfach. Jetzt erst mal die Testfläche machen und dann weitersehen.

Anregung aus dem Ratsrund: man solle sich angesichts der Haushaltslage vielleicht besser auf die Ausgaben konzentrieren, die notwendig sind (Pflichtausgaben) und die anderen Dinge erst mal beiseite lassen.

Apropos Haushaltslage.

Was Dezernent Andreas Bauer für den Doppelhaushalt 2025/2026  mitbrachte, war nun wirklich keine Lachnummer mehr. Man möchte sagen: die fetten Jahre sind vorbei. VW Krise und damit verbundene Gewerbesteuereinnahmen, die Haupteinnahmequelle der Stadt, schlagen sich auf die Zahlen durch. Im Moment haben wir in der Stadt eine pro Kopf Verschuldung von 2.000 €. Bis 2029 werden es dann voraussichtlich 4.800 € sein. Alle Zahlen lassen sich im Übrigen über die Webseite https://wolfsburg.de/interaktiverhaushalt selber nachlesen. Zwar gibt es noch ein sog. Überschussrücklage, aber die wird 2027 aufgebraucht sein. Und dann gibt es nur noch Schulden. Also muss bis dahin dringendst nach Lösungen gesucht werden.

Als weiteren Grund für das ganze Debakel sieht der Dezernent die zahlreichen Aufgaben, die immer mehr vom Bund an das Land und schließlich an die Kommunen weitergereicht werden. Und diese müssen dann sehen, wie sie damit klarkommen. 16 von 17 Städte Niedersachsens weisen ein deutliches Haushaltsdefizit aus. Die wichtigsten Zuschussprojekte der Stadt für 2025 sind das Klinikum mit 13,2 Mio. €, die Flüchtlinge mit 6.000 € pro Kopf pro Jahr, die Kinderbetreuung von 0-6 Jahren mit 60 Mio. € und die Sicherstellung der Ganztagsbetreuung mit 7,7 Mio. in 2025 und 8,5 Mio. ab 2026.

Alles in Allem führt das zu Fehlbeträgen von ca. 140 Mio. € in 2025 und ca. 130 Mio. € in 2026.

Der Herold meint: Eine Möglichkeit der Stadt aus der Patsche zu helfen, wäre natürlich, wenn jeder Einwohner die derzeitigen pro Kopfschulden von 2.000 € an die Stadt überwiese. Aber das ist wohl eher unwahrscheinlich. 😉

Der Rest der öffentlichen Sitzung verlief unspektakulär, obwohl die Ratsmitglieder beim Thema neue Bänke etc. für das Freibad am „späten Abend“ noch einmal richtig wach zu werden schienen. Warum so teuer? Kann man nicht nur Bänke nehmen? Schließlich einigte man sich auf eine praktikable Lösung und als Henning Ernst (CDU) schließlich verkündete, dass er nach unzähligen Jahren Ortsratsarbeit sein Mandat zum Jahresende niederlegen werde und die Übernahme der ersten Getränkerunde in Aussicht stellte, war man dann wieder gänzlich einig und beendet den öffentlichen Teil mit einer Sitzungspause.

Bleibt nun die spannende Frage: Wer wird innerhalb der CDU Fraktion für Henning Ernst nachrücken? Das wollte man jedoch nicht verraten.

Mist. 😉