Die Altstadt lebt

An manchen Tagen ist es trostlos, durch die Fallerslebener Altstadt zu flanieren. Einige Leerstände mit zum Teil häßlich verhängten Fenstern. Das Straßenpflaster klappert unter den Reifen darüberfahrender Fahrzeuge und selbst per Pedes macht es den Eindruck, als lägen die Steine komplett lose auf dem Untergrund. Was sie de facto auch tun. Und das seit Jahren.

Grimmig dreinschauende Autofahrer, die über die Westerstraße versuchen in die Stadt zu gelangen und dann am Hoffmannhaus feststellen müssen, dass sie durch „weise“ Verkehrsführung statt dessen sanft wieder der Altstadt verwiesen werden. Werden sie wiederkommen? Fahren sie gezwungenermaßen noch einmal um den Pudding? – Oder fahren sie gleich weiter in die City Galerie oder in den Heinenkamp?

Man weiß es nicht.

Und dann ist es mit einem Mal Samstagvormittag im Herbst.

Die Sonne strahlt vom Himmel und der Flaneur begibt sich auf seinen Rundgang. Wie viele andere auch, zieht es ihn natürlich zum Marktplatz. Gemüse, Fleisch, Brot und Fisch warten dort. Und Leben.

Ein bisschen mehr von dem, ein Pläuschchen hier. Ne Wurst auf die Hand und noch ein Kaffee. Sitzplatz mit Blick auf das gesamte Geschehen.

Dann weiter in die Marktstrasse. Da ist was los. Das Handarbeitsgeschäft hat das Städtchen zwar verlassen, aber nur wenige Wochen später öffnen sich heute die Türen für etwas völlig Neues.

Oder nicht?

Der Flaneur erinnert sich noch an „Tante Buhrdorf“. Bei der gab es Reis, Mehl, Zucker und Erbsen aus der Holzschublade in der Schrankwand hinter dem Tresen. Raus aus dem Fach, mit der kleinen Schaufel in die Papiertüte auf der großen Waage. Die mit dem riesigen Zeiger, der schließlich die Begründung für das liebevoll und unvermeidliche „Darf es ein bisschen mehr sein?“ lieferte.

Un Mondo

Heute heißt das ganze „Unverpackt Laden“. Hat auch einen schicken und hintersinnigen Namen. „Eine Welt“ bedeutet er. Gleichsam „zusammen“ als auch „singulär“. Die Botschaft? Hey, wir haben nur eine „mundo“, wollen wir nicht mal ein bisschen darauf achten?

Zum Beispiel weniger Verpackung. Statt bedrucktem und bunt beklebtem Plastik mit zu vielen Linsen, die eigene Tupperschale mit der tatsächlich benötigten Menge. Fast wie bei „Tante Buhrdorf“.

Nur in schön und per Selbstbedienung.

Der Laden hat heute Eröffnung. Rappelvoll das Ganze. „Man“ ist dann doch neugierig, was es Neues in der Marktstraße gibt. Sieht auf jeden Fall schon mal gut aus. Das Konzept in Verbindung mit losen Drogerieartikeln, Eltern-Kind-Kaffee und Workshops ist neu – für Fallersleben. Bleibt den Inhabern gutes Gelingen zu wünschen. Und schön, dass ein weiterer Leerstand in der Altstadt verhindert wurde.

Neues im Anmarsch

Ebenso in der Westerstraße. Die mit der seltsamen Verkehrsführung. Sie erinnern sich? Fenster komplett zugepappt. Aber von draußen schon ein Schriftzug aufgeklebt. Und so ein neumodisches Fleckenquadrat an der Tür. Kuh Err Kot. Muss man die Smartphonekamera drauf halten. Aha! Schon ist man etwas schlauer und hat eine Ahnung von dem, was hier zukünftig angeboten werden soll. Auch etwas ganz Neues für unser Städtchen.

Blickfang vor dem Blickfang

Die vorherige Mieterin dieses Lädchens, jetzt ein paar Häuser weiter, ist an diesem sonnigen Samstagvormittag ebenfalls sehr fleißig. Die neue Weihnachtsdekoausstellung wird gefeiert. Sektchen gefällig? Scheint zu klappen. Der Laden ist ebenfalls voll. Richtig Leben in der Bude. Und nach dem Stöbern noch ein Schnack vor der Tür. Prösterchen!

Auf dem Rückweg ein Blick in den nagelneuen Bücherschrank unter dem am Vortag wieder feierlich hochgezogenen Erntekranz am Zunftbaum. Schick. Beides. Und den Newsletter des Ortsbürgermeisters gibt es jetzt am Bücherschrank zum Offlinelesen. Ach gucke: der Flaneur steht ja auch mit drauf.

An manchen Tagen ist es schön, durch die Fallerslebener Altstadt zu flanieren. Wenn die Leerstände wieder weniger geworden sind.

Nur die Sache mit dem losen Pflaster…

meint der Flaneur

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